Detail Heimbacher Schnitzaltar
Von:Kurt Josef Wecker, Pfarrer
Die Ruine als Mahnmal
Messdienerinnen und Messdiener aus Nideggen haben sich in diesem Jahr entschieden, die Geburt Jesu in einer Ruine zu lokalisieren. Der Heiligen Familie wird in der Johannes-Kirche ein ziemlich lädiertes Dach über dem Kopf geboten. Ruiniert war die
Johanneskirche auch durch die Folgen des 2. Weltkrieges. Eine
größere Restaurierung steht an und wird sich bis Ende 2024 hinziehen.
Seit den Ereignissen des 11. September 2001 und nun erneut
angesichts der zerstörten Städte in Syrien und der Ukraine hat der Blick auf „Ruinen“ eine erschreckende Aktualität gewonnen: eine Welt in Trümmern. Zerstörte Stadtlandschaften, unbewohnbare
Straßenzüge, apokalyptisch zerpflügte Landschaften, Ereignisse,
in denen Menschen in einstürzenden Bauwerken ihr Leben
verloren. „Ruine“ ist kein schönes Wort. Wer will sich schon an die
Vergänglichkeit aller menschlichen ‚Machwerke‘ erinnern lassen? Ruinen halten uns einen Spiegel hin. Alles hat ein Ende. Manche denken an Bauruinen, die sinnlos in der Landschaft stehen, weil etwas in der Planung schiefgelaufen ist oder an architektonisches Chaos. Ruine - damit verbinden wir unbrauchbare Gebäude, Einsturz, unaufhaltsamen Verfall, Niedergang, Zerstörung, Verlust, Spuren des Verlorenen, die Verwüstungen der Zeit. Das lateinische „ruere“ bedeutet: Zusammenstürzen, sinken, einstürzen. Wir sehen an archäologischen Stätten zerstreute Trümmer, oft als Ergebnis eines katastrophalen Vorgangs, von Krieg, Brand, Naturkatastrophen. Der Zahn der Zeit nagte an den Gebäuden. Vor Jahren war ich in den Ruinen des syrischen Palmyra, einer Weltkulturstätte; diese ist nun von den „heiligen Kriegern“ des
‚Islamischen Staates‘ und syrischen Soldaten im Krieg fast zerstört worden. Zerstörte Ruinen. So gehen Erinnerungsorte unwiederbringlich verloren. Es klaffen Leerstellen und Narben in der Landschaft und im Stadtbild. Soviel „Unorte“, soviel Schutt und Staub, so viele Bruchstücke und Trümmerreste, irgendwann überwuchert oder abgetragen. Wir denken auch an die ‚schönen
Ruinen‘, majestätisch aufragende Trümmer, wie in Ägypten oder Rom, archäologische und nostalgische Erinnerungsstätten, quasi Grabdenkmäler einer vergangenen Epoche, die als Fragmente Ruhe und Erhabenheit ausstrahlen und das elegische Gefühl von Wehmut und einem traurigen Frieden wecken. Sie erzählen vom himmelstürmenden Triumphalismus vergangener Größe. Ihre andächtige Betrachtung wird zum Bildungserlebnis. Um solche kolossale Trümmer rankt sich eine Ruinenromantik, ein Ruinenkult.
„Warum ist es am Rhein so schön?“ Auch wegen der Burgruinen! Stumme Zeugnisse der Hochentwicklung früherer Architektur haben ihre Zeit gehabt. Sie wurden Geschichte und erzählen wortlos von menschlicher Hinfälligkeit und verlorener Größe, vom irreversiblen Zusammenbruch ganzer Kulturen und Imperien, von vergangenen Religionen und ausgestorbenen Adelsfamilien. Irdische Pracht und selbst menschliche Gottes- und Götterverehrung tragen ein Verfallsdatum. Zurück bleiben verwaiste Tempel sterblicher Religionen. Es scheint, als haben irgendwann die alten Götter diese Stätten verlassen. Manche Tempel (wie das römische Pantheon) wurden zu christlichen Kirchen ‚umgewidmet‘ und damit gerettet. Die Kultstätten des
Gestern haben ihre Zeit gehabt. Das Leben, auch das Gebetsleben ist aus ihnen geschieden. So offensichtlich zerbröselt die Macht dieser Welt. Einige Bauwerke verwandeln sich zum Mahnmal wie St. Kolumba in Köln mit der „Maria in den Trümmern“. Andere Ruinen werden recycelt, man schlachtet sie aus; sie werden billige Lieferanten von Baumaterial und Kalk. Sie werden ‚niedergelegt‘ und besiegt von den Stürmen der Zeit und dem Bauhunger. Eine
eigenartige Schönheit geht von diesen Resten aus, auch weil sie uns die Wahrheit über den Zerfall aller irdischen Macht und Herrlichkeit, aller stolzen Selbstüberheblichkeit und Prunksucht drastisch vor Augen führen. Die Ruinen faszinieren als Gleichnis dieser Vergänglichkeit und der Vergeblichkeit des stolzen Bemühens, mit Menschenenergie etwas ‚für die Ewigkeit‘ zu schaffen. Irgendwann werden sie formlos, gewinnt die wuchernde Natur die Oberhand.
Stall, Höhle oder Ruine?
„Auferstanden aus Ruinen“, so begann der von Johannes R. Becher
stammende der Text der DDR-Nationalhymne. Seit den 70er Jahren wurde der Text nicht mehr gesungen und die Hymne nur noch instrumental aufgeführt. „Geboren in Ruinen“ – gilt das für den Weltenretter Christus? Die Geburtsstätte Jesu in Bethlehem - wie sah sie aus? Welche Eingangshalle war für das Kommen des Messias vorgesehen? Besaß Jesus ein schützendes Dach über dem Kopf, als er das Licht der Welt erblickte? Kam er in einem zugigen
Stall oder unter einem offenen, überdachten Durchgang zwischen zwei Häusern zur Welt, in einem ruinösen Palast oder doch eher draußen vor den Toren der Davidsstadt, in einer Grotte, einem Erdloch, eine Höhle, also in einem Zufluchtsort, der den Nomaden als „Stall“ zur vorübergehenden Unterbringung ihrer Herden gedient haben mag? Egal, ob Stall, Höhle oder Ruine – dieser Ort war sehr provisorisch und ‚luftig‘, ungeschützt der Kälte und dem Regen preisgegeben. Christus liegt unter freiem Himmel, ausgesetzt, obdachlos.
ER in der zerfallenden Hütte des Hauses David – in Heimbach: das älteste Weihnachtsbild der GdG
„An jenem Tag richte ich die zerfallene Hütte Davids wieder auf und bessere ihre Risse aus, ich richte ihre Trümmer auf und stelle alles wieder hier wie in den Tagen der Vorzeit“, so heißt es im Buch des Propheten Amos (9,11). Jesus - aus dem Geschlecht des Königs David - wird geboren in der zerfallenen Hütte des Hauses David. Das Prophetenwort und Jesu ‚Stammbaum‘ gaben den Anstoß, sich die Geburt des Davididen Jesus im ruinierten Palast des David in Bethlehem vorzustellen. Ich werfe in diesem Jahr den Blick auf das wohl älteste Weihnachtsbild in unserem Pfarrverband; es befindet sich auf dem in der Heiligen Nacht wieder aufgeklappten Schnitzaltar in der Salvatorkirche in Heimbach, auf einem der Flügel des über 500 Jahre alten Retabels. Die Antwerpener Malergilde hat sich auch für eine ruinöse Arkadenarchitektur entschieden, zerborstene Gewölbe mit Rundbögen, ornamentierten Säulen und einem ruinösen Backsteinmauerwerk, den Mauern einer Palastruine. Maria betet in diesem hinfälligen Ambiente, das die Pracht des Davidpalastes
nur ahnen lässt, den vor ihr abgelegten winzigen Neugeborenen, den „Spross aus dem Hause Davids“, an; Christus liegt nackt und bloß, umgeben von Engeln und Hirten, auf einem kalten Steinblock. Josef im Hintergrund trägt eine Kerze. Visionen der hl. Birgitta von Schweden wirkten inspirierend. Die alte Welt ist vergangen; Neues bricht an. Gott richtet im Kommen Jesu „die zerfallene Hütte Davids“ wieder auf. Plakativ versinnbildlicht das Bildmotiv den nicht unproblematischen Gedanken der Überlegenheit des Christentums. Der Neue Bund überbietet den Alten Bund. Es geschah die Ablösung des „alten Volkes Gottes“, des Judentums, durch „das neue Volk Gottes“, die christliche Kirche. Mit diesem Bildmotiv wird suggeriert: Jesu Kommen in diese alt gewordene Welt überstrahlt das zusammenstürzende Heidentum und das ‚überholte‘ Judentum. Folgerichtig baute die frühe römische Kirche aus den Resten (den „Spolien“) der alten Tempel und Basiliken ihre Kirchen, recycelte die pagane Antike mit dem Gestus der Überlegenheit, aber auch des Respektes.
Etwa seit der Zeit um 1500 - in Renaissance und Barock- wächst das ästhetische Interesse und beinahe die Ehrfurcht vor Ruinen und damit das Bestreben, auch die Geburt Jesu und Jesu Anbetung durch die Hirten und die drei Könige auf solch einer desolaten Bildbühne darzustellen. Das Bild auf Heimbachs Antwerpener Schnitzaltar ist dafür ein gutes Beispiel. Die heilige
Familie - umgeben von massivem, burgartig anmutendem Mauerwerk und fragilem Steingemäuer, von antiken oder romanischen Bauelementen, Bruchstücken und Überresten. Man stellte Jesu Geburt dar in verfallenen römischen Tempeln oder inmitten von Palastruinen. Es sind Palastformen und Ruinenlandschaften, wie man sie in Neapel, Rom oder Palermo kennt. Für die Maler war es eine Herausforderung, diese Raumszenerie geschickt darzustellen und die Raumperspektive zu wahren. Oft wird ein fast idyllisch wirkender Architekturraum gewählt, mit Bögen und Säulen, in südländischer Landschaft ohne eine Anspielung auf winterliche Kälte. Und wenn noch exotische Pflanzen aus den Mauerresten wuchern, dann deutet diese zuweilen paradiesische Vegetation hin auf den Anbruch der Neuen Zeit, das Kommen des neuen Menschen. Der neue Adam erblickt in einem hinfälligen ‚Machwerk‘ des alten Adam das Licht der Welt.
Bei aller Idealisierung inmitten klassischer Ruinen – die arg lädierte
Ruinenarchitektur als Kreißsaal ist eine Provokation. Der nackte Christus liegt schutzlos in der Trümmerhaftigkeit dieser Welt an einem dachlosen Ort, wo sich die heilige Familie zugleich innen wie außen befindet; denn da, wo Mauern, Dächer und Türen fehlen, wird der Unterschied zwischen Außen und Innen aufgehoben. Eine solche Geburtsstätte ist nicht weltenthoben. In sehr irdischer und unwirtlicher Umgebung wird Jesus in eine erschöpfte Welt hineingeboren. In eine heile und unversehrte Welt hätte er nicht kommen müssen. Sein Kommen ist „Zeitenwende“. Die alte Welt befindet sich im Zustand der Auflösung. In ihr kann man sich nicht häuslich einrichten. Nur für eine gewisse Zeit bietet selbst die Ruine dem Gotteskind einen bewahrenden, beschützenden Lebensraum. In den Ruinen der fragil gewordenen Welt findet er seinen Platz. Welches Paradox: Das unvergängliche Heil inmitten dieser vergänglichen Trümmerwelt. Christus ist nicht Restaurator, sondern Salvator dieser zerbrechlichen Welt. Der neugeborene Christus feiert Erscheinung „wie der Phönix aus der Asche“. Das Neue nistet sich ein in den Bruchstellen und Rissen des Alten und findet darin Unterschlupf. Triumphierendes liegt also in dieser Darstellung des neuen Menschen, des nackten Gottesbabys, des königlichen Davididen inmitten einer ruinierten Szenerie. Die Triumphzeichen des Imperiums, die Tempel und Paläste des Kaisers Augustus zerfielen zu Ruinen. Doch ER, „Gottes Zelt“ (vgl. Joh 1.14) unter den Menschen, ist da. Der Sohn Davids in Ruinen – das weckt die Sehnsucht nach dem, der heute wirkt und Himmel und Erde erneuert. Die so von Hass und Krieg zerrissene Welt schreit nach Rettung und Erneuerung.
Ruinöse und sterbende Kirchen sind Sein Lebensraum?
Mich bewegt das Ruinenschicksal. Ich frage mich, ob solche aufgegebenen Gebäude das Schicksal auch der gegenwärtigen Kirche abbilden? Die Steine schreien! (vgl. Lk 19,40 und 1 Makk 4,46) Trotz aller arkadisch schönen Ausmalung durch die Natur und mancher Maler gilt: Ruinen sind nur ein unwirtlicher, nutzloser, zweckloser Unort, ein Transitort für den, der bis heute unterwegs ist zu uns, der heimatlose Nazarener, der bei dir und mir ein Dach über dem Kopf sucht - in meinem ruinösen Innenleben, in meiner
fragmentarischen Existenz und auch im löchrigen Gemäuer unserer Kirche; einer Institution, die ihre eigene Fragwürdigkeit und Hinfälligkeit am eigenen Kirchenleib erfährt und durchleidet. Nicht nur der Zahn der Zeit nagt an ihr. Die Macht des Verfalls kann nicht nur Dinge und Gebäude erfassen, sondern auch die innere Glaubenswelt. Verlassene Kirchen und Klöster wirken wie versunkene, verwunschene Orte, heute ausgestorben und ehedem belebt. Das schmerzt. Wie konnte es so weit kommen? Ich denke an die Klosterruine Heisterbach, von der nur die Chorruine erhalten ist. Nun ist sie vom Himmel überdacht, ehedem war das Gotteshaus ein vom Chorgesang erfüllter Hallraum; und nun zernagen Wind und Wetter die Mauern. Was für ein Spannungsbogen! Kirchen, in denen das Ewige und Unvergängliche gefeiert wurde, stehen nun als verlassene, einsturzgefährdete und menschenleere „Bruch-Buden“ in der Landschaft. Die Institution Kirche zeigt massive Schwachstellen und Risse. Der massenhaft in ihr betriebene Missbrauch wirkt selbstzerstörerisch. Der Rückgang an praktizierter Kirchlichkeit bedrückt. Die Gefahr ihrer „Selbstsäkularisierung“ (so der evangelische Bischof Wolfgang Huber) macht sie überflüssig. Die Austrittszahlen explodieren. Befinden wir uns in der Kirche Deutschlands und in vielen westlichen Ländern im Countdown ihrer unaufhaltsamen Alterung, ihres Abbaus und Zerfalls, ihrer schleichenden Zersetzung, ihres Ruins und ihrer unausweichlichen Auflösung und Musealisierung? Ist dieser Prozess des Zerfalls und Zusammenbruchs vieler liebgewordener Strukturen noch zu unterbrechen? Wird die Kirche zur „Antiquität“, und werden unsere christliche Traditionen, Symbole und Feste zunehmend unlesbar? Bleibt uns nur die Trauerarbeit und die passive Hinnahme eines unaufhaltsamen Verfalls kirchlicher Macht und
(Selbst)Herrlichkeit? Wollen wir tatenlos oder mit beschönigender Selbstberuhigung diesem Zusammenbruch zusehen? Es gibt so viel
schuldhafte und desaströse Verhaltensweisen, die den Kirchenbau zerstören und den Kirchenleib vergiften. So viel Selbstzerstörerisches geschah: das Holz des Kirchen-Dachstuhls fault, die Balken des Kirchenbaus biegen sich, bestimmte Konstruktionselemente tragen nicht mehr, der Frost des Zeitalters hinterlässt Spuren in dem Gebäude und zersetzt Fundamente und Mauerwerk. Das ehedem so selbstsicher und selbstherrlich dastehende Haus der Kirche, von dem es einmal hieß, es sei das Haus voll Glorie, das weit in alle Land schaut (Gotteslob 478), wirkt auf manche Zeitgenossen wie ein Trümmerfeld, ein stummes Grab, eine dunkle Gruft. Mir stellt sich eine mich bedrängende Frage: Ist es Gott selbst, der es zulässt, dass sich Bauten, die unsere Vorfahren zu seiner Ehre errichtet hatten, leeren? Warum? Erinnern wir uns: Nicht die Kirche, sondern Gott ist die unzerstörbare und uneinnehmbare „Felsenburg“ (2 Sam 22,2; Ps 31,3f). Bedarf er der Kirche noch? Braucht der moderne Mensch noch eine vermittelnde Institution zwischen Himmel und Erde? Verkörpert die Kirche noch ein sinnstiftendes Ganzes? Oder wird sie von der Gesellschaft ausrangiert? Weckt sie irgendwann bloß noch nostalgische Erinnerungen und ein antiquarisches Interesse, ein Gefühl der Melancholie? Bleiben unsere Kirchen also irgendwann wie zwecklose, versteinerte und sinnentleerte Erinnerungsorte zurück? Was passiert mit Gotteshäusern, die irgendwann verlassen und nicht mehr unterhalten werden? Einmal waren sie heilige Orte wie die antiken Tempel. Bleiben sie als Überbleibsel einer verflossenen Glaubensepoche zurück, die quasi dem natürlichen Zerfall und den Kräften der Witterung und des Regens preisgegeben werden? Viele Zeitgenossen fragen: Ist die Kirche Ruine, eine Erscheinung von ‚gestern‘, oder eine Baustelle, auf der Gott arbeitet und Neues schafft? Von der idealisierten Gegenwelt einer vollkommenden Gesellschaft Jesu (einer „societas perfecta“) träumte man im 19. Jahrhundert bis weit hinein in die 50er Jahre des 20. Jahrhunderts. Wollen wir das nun sein: Baustelle Gottes? Im Umbruch kann Neues wachsen – wie die Pflanzen aus Ruinen. Ich danke für so viele „Pflanzen“ des ehrenamtlichen Engagements in unseren Gemeinden! Die Kirche wird lernen müssen, ihre eigene Zerbrechlichkeit und Hinfälligkeit zu durchleiden, um so ehrlich als gottesbedürftiger Ort den Menschen Halt und Zuflucht zu geben.
Er – heruntergekommen in meine heruntergekommene Welt
„Herr, ich bin nicht würdig, dass du eintrittst unter mein (zerfallenes, ruinöses) Dach…“ Ich bin ein brüchiges Gebäude und zugleich Tempel des Heiligen Geistes. Wenn das Weihnachtswunder geschieht und er heute in mich hinabsteigt und in mir seine zweite Heimat sucht, dann ist das eine Abenteuerreise; denn er könnte stolpern und stürzen, sich wehtun an meinem scharfkantigen Leben. Stehen wir dazu, ruinöse Existenzen, angeschlagene Gefäße (2 Kor 4,7) zu sein. Nur dann kann Er durch die Risse meiner Existenz einen Durchlass finden und heute in mir neu geboren werden. Ich bin nicht Ruine, sondern Fragment, an dem Er ununterbrochen arbeitet - er, der mich vollendet oder mich als Fragment, als Bruchstück liebhat. Der seltsame Kreißsaal der Ruine passt eher zum nackten Christuskind, dem Gekreuzigten, dem gebrochenen Brot der Eucharistie als ein stolzer Tempel, der sich hermetisch abschottet vor den Zumutungen Gottes. In die Lücken, Risse und Leerstellen passt Er hinein. Nein, die Kirche ist ein noch unfertiges Haus, also eine Baustelle, in der Christus das Fundament legt (2 Kor 3,8ff). Hoffentlich wird sie keine Ruine, die keine Zukunft hat. Nicht allein der Zahn der Zeit, sondern die Hand Gottes arbeitet an uns. Die ruinöse und gebrechliche und auf Vergebung und Heilung angewiesene Kirche und der Tempel meines Leibes wollen der Ort göttlicher Anwesenheit sein. Ohne Gott wäre diese Kirche ein unvollkommenes und überflüssiges Phänomen. IHM wollen wir einen Krippenplatz freihalten in dieser Welt, in uns und zwischen uns.
Ihnen und Euch wünsche ich im Namen des Pastoralteams ein gesegnetes Weihnachtsfest.
Kurt Josef Wecker, Pfarrer